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In der gesamten Weltliteratur kenne ich kaum einen Vers, der von vergleichbar unnachahmlicher Schlichtheit und einer spirituellen Schönheit wäre, wie der Anfang vom Buche der Genesis: „In principio creavit Deus caelum et terram“. Als Frank Borman 1968 von seinem Apollo 8 aus sein „In the beginning God created the heaven and the earth..“ zu der gerade über dem Mondhorizont aufgehenden Erde funkte, da… blieb kein Auge trocken.
Demgegenüber beginnt etwa das Johannes Evangelium zwar durchaus ähnlich – „In principio erat Verbum“ – sagt aber bei näherem Hinsehen oder Hinhören etwas diametral anderes aus. Denn die gängige Übersetzung (die dem nuancenreicheren Altgriechisch geschuldet sein dürfte) lautet nicht etwa „Am Anfang…“ sondern vielmehr „Im Anfang…“ auch „Im Ursprung…“ war das Verbum, also das Wort…
Und das hat es doch in sich! Denn demnach soll es da schon durchaus etwas gegeben haben im Ursprung – nämlich das Wort, also irgendeine „Information“ – und ja, und der lieber Gott ist hier erst einmal ganz aus dem Spiel… 😳 Aber wie sollten wir denn das bitte verstehen? Etwa, am Anfang schuf Gott Himmel und Erde – anhand einer Information, die irgendwie schon da war..? Nun, so kurios das auch klingen mag – die Antwort lautet JA! Ja, zumindest so in etwa sollten wir uns das in der Tat vorstellen.
Zwar kann heute kein Mensch mehr sagen, was sich der heilige Johannes vor 2000 Jahren dabei gedacht, was er womöglich verspürt hat und was für eine Eingebung er seinerzeit gehabt haben mag. Dennoch, sein Vers beschreibt nichts Geringeres als das Grundprinzip, nach dem das uns bekannte Universum aufgebaut ist: Es braucht Materie (Erde), Energie (Himmel) und… Information!
Die meisten von uns haben mit den ersten beiden Elementen gar kein Problem. Wir wissen was Masse und Energie sind, wir wissen um deren Erhaltungssätze etc. Dass aber ausgerechnet so etwas abstraktes wie die Information ein grundlegender Baustein des Universums sein sollte – und z.B. einem viel strengeren Erhaltungsprinzip unterliegen könnte – das ist uns weniger geläufig, im Zweifelsfalle auch egal. Das obwohl wir beinahe tagtäglich mit Szenarien konfrontiert werden, bei denen eben die Information absolut entscheidend ist. Denken wir etwa an einen 3D-Drucker, der ein extrem widerstandsfähiges Element ausformen („printen“) soll, etwa eines für den Wendelstein 7x oder den Dual-Fluid-Reaktor. Zunächst brauchen wir das pulverisierte Endmaterial, etwa Molybdän, dann ein Bindemittel, bzw. im Falle eines Refraktärmetalls wie Molybdän eher hohe Temperaturen, um die Partikel miteinander zu verschmelzen, und zu guter Letzt… die Druckerdaten! Und Druckerdaten sind Information! 💡
Nun ist die Information bei Weitem nicht nur bei der Konstruktion von Objekten bzw. Schöpfung von Universum, wenn Ihr so wollt, entscheidend. Viel weniger verinnerlicht ist die Rolle der Information bei Aufrechterhaltung der Welt, die uns umgibt. So besagt einer der Leitsätze der Quantenmechanik, dass die in den Quantenanordnungen gespeicherte Information über die Beschaffenheit eines beliebigen Objektes niemals verloren geht. Was immer mit einem Objekt geschieht – ob nun Verdampfung, Verbrennung, Pulverisierung oder sonstige Form der äußeren Zerstörung – seine ursprüngliche Gestalt lässt sich anhand der in seinen Restbestandteilen enthaltenen Information – theoretisch (!) – rekonstruieren. Die Information kann zerstückelt, vermischt oder durcheinander gewürfelt werden, aber sie geht niemals verloren – auch und insbesondere beim Eintritt ins Schwarze Loch nicht, möchte man meinen. Doch gerade diese Lehrmeinung stellte Stephen Hawking, der Entdecker der nach ihm benannten Strahlung, dezidiert in Frage. Seiner Auffassung nach ginge die Information, die ein Objekt mit sich trägt, beim Eintritt ins schwarze Loch sehr wohl verloren. Mit anderen Worten, Hawking meinte beweisen zu können, dass Teile des Universums u.U. spurlos verschwinden würden; das „Informationsparadoxon“ war geboren….
Hawkings Behauptung war nicht nur eine Infragestellung einer grundlegenden Lehrmeinung. Denn wäre wirklich alles vom potentiellen Informationsverlust betroffen, wäre etwa das Prinzip der (mathematischen) Deduktion, des Schlussfolgerns im Allgemeinen etc. vollständig aufgelöst (Hawking: „cause and effect become unrelated“ 👿 ). Unsere Erinnerungen, Empfindungen – ja, sogar das, was wir als „logisches Denken“ bezeichnen, wären nichts weiter als reine Illusion..!
Kein Wunder, dass diejenigen Physiker, die die Konsequenzen aus Hawkings Behauptung richtig verinnerlicht hatten (und das waren anfänglich weiß Gott nur eine Handvoll 😉!), akribisch nach einem Ausweg aus diesem Paradoxon suchten – allen voran Hawkings wichtigster Widersacher Leonard Susskind. Von Anfang an sahen er und seine Mitstreiter die Lösung des Informationsparadoxons eben in/an dem Ereignishorizont. Man könnte es etwas anders formulieren: Susskind & Co. glaubten nicht an die Existenz eines wie auch immer zu verstehenden „Inneren“ des schwarzen Loches, während es Hawking doch tat und darin völlig andere Welten vermutet hatte. Jedenfalls hat er nicht daran geglaubt, dass die vollständige Information eines Objektes gewissermaßen auf den Ereignishorizont projiziert werden könnte, ähnlich der Entropie, die genau am Ereignishorizont ihr „Abbild“ ➡ bekommt.
➡ Hawkings Position war an dieser Stelle – für meine Begriffe – vollkommen unverständlich. Wie wir anhand Bekenstein’s Berechnung der Entropiezunahme eines schwarzen Loches bei der Aufnahme eines zusätzlichen Bits gesehen und nachgerechnet haben, nimmt die Fläche des Ereignishorizonts genau ums Quadrat der Planckschen Länge zu:
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(größenordnungsmäßig) während
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Hawking hätte also hier sehen müssen, dass der Ereignishorizont einfach alles ist. Information ist gleich Fläche!
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Doch dieses „holografische Prinzip“ lehnte Hawking stets vehement ab – auch dann, als ein Geniestreich von Juan Maldacena die ganze Kontroverse mit einem einzigen mathematischen Beweis, nämlich dem der AdS/CFT-Korrespondenz, gewissermaßen im schwarzen Loch hat verschwinden lassen. Denn damit war endgültig klar, dass beim Eintritt eines Objektes in ein schwarzes Loch dessen gesamte Information nur scheinbar verlorengeht – eben für einen Beobachter von außen. In Wirklichkeit bleibt sie jedoch erhalten und kann – theoretisch – am Ereignishorizont abgegriffen werden.