„Warum pro Kernenergie“ – eine etwas andere Fragestellung

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Kernkraftwerk Belojarsk (Белоярская АЭС). 
Der Reaktorblock 4 ist ausgestattet mit einem schnellen Brutreaktor vom Typ BN-800, der nicht-spaltbare Nuklide aus Kernwaffen bzw. aus Abfall herkömmlicher Reaktoren verbrennt.
Quelle © Nucleopedia

Genauso wie wohl jeder Befürworter friedlicher Nutzung von Kernenergie werde ich häufig gefragt, wie ich denn „für die Atomkraft“ sein kann und das angesichts von Fukushima, Tschernobyl🙄 etc. Meine Geduld reicht im Normalfall durchaus dafür aus, auf diese „Argumente“ – so platt sie im Einzelnen sein mögen – peu à peu und sehr differenziert einzugehen. Gelegentlich verweise ich auf das www, wo z.B. unter https://rainerklute.wordpress.com/2014/01/02/warum-Kernenergie die Argumente für Kernenergie gar tabellarisch zusammengefasst sind. Aber sonst scheue ich all die Mühen bei der Argumentation gegenüber noch so bornierten „Antiatomikern“ eben nicht. \sharp

Doch neulich ist mir diese Standardfrage in einer anderen, eher unerwarteten Form gestellt worden und zwar von Bekannten, die um meine Meinung hierzu wussten. Ich fand die anschließende Diskussion so spannend, dass ich sowohl die Fragestellung selbst als auch meine Entgegnung hierauf im Folgenden wiedergeben möchte. Und die Frage an mich ging in etwa so: » Uns kommt es manchmal vor, als seist Du für die Atomkraft um der Atomkraft willen… Sag uns doch einfach, welch eine Welt Dir vorschwebt? Angenommen, wir schlucken Deine Dual Fluid Reaktoren und wie sie alle heißen. Was haben wir dann davon? «

Diese Vorlage nahm ich gerne auf: „Was Ihr davon habt?“ fragte ich in mich hinein und fuhr dann (sinngemäß) fort:

DFR-Kraftwerk
Dual-Fluid-Reactor (DFR)
Es handelt sich um eine technisch anspruchsvolle Konstruktion, deren Coup darin besteht, den Kreislauf mit „verlüssigtem“ spaltbaren Material durch einen Bleikreislauf zu umhüllen. Das Blei spielt dabei den „Neutronen-Reflektor“, der umso durchlässiger wird, je höher die Temperatur ist. Zusammen mit dem thermonuklearen Doppler-Effekt verleiht es dem DFR einen stark negativen Temperatur/Reaktivitäts-Koeffizienten, was die sog. „inhärente Sicherheit“ des DFR gegenüber anderen Reaktorkonzepten weiter steigert.
Quelle © Institut für Festkörperphysik

» Gut. Dann stellen wir uns vor, der Bau und Betrieb von Kernreaktoren wird genehmigt – von mir aus unter der Auflage, dass die „Atommüll-Bilanz“ negativ zu sein hat und die Leistung der Reaktoren beschränkt bleibt; auf einige Hundert Megawatt im Gottes Namen. Eine solche gesetzliche Vorlage würde dann wohl zwangsläufig Flüssigsalzreaktoren hervorbringen, sehr wahrscheinlich DFR’s. Nehmen wir des weiteren an, ganz Oberrhein legt sich 2 bis 4 solche Reaktoren zu und andere Regionen in Deutschland tun’s ebenso. All diese Reaktoren sind so klein, dass sie quasi in den HWR eines Einfamilienhauses passen, also wären die Folgen eines ohnehin unwahrscheinlichen Störfalls sehr überschaubar.

Was dann passiert, ist sozusagen Geschichte – jedenfalls in die Zukunft hinein projiziert. Da unsere Reaktoren mit Schadstoffemissionen gar nichts am Hut haben (was steuerrechtlich entsprechend zu würdigen ist 😳) und anderseits mit einem EROI von sagenhaften 2000 (!) aufwarten, sind sie vollkommen konkurrenzlos. Fossile Kraftwerke oder EE’s werden so total unrentabel, mit der Folge, dass immer weniger Schornsteine rauchen, immer weniger WKA’s drehen und PV’s glitzern… Ja, und die Verbrennungsmotoren, wie auch die konventionellen Heizungen… die werden immer seltener. Alles fährt und heizt elektrisch!

Muellheim1
Müllheim (Baden)
Eine Idylle , die auch in einer Großstadt Realität werden könnte. „Sounds of Nature“ dazu- und die Schornsteine wegdenken. Alles funktioniert nur mit flächendeckendem Einsatz von Kernenergie

Auf einmal entdecken wir verloren geglaubte „Sounds of Nature“ :mrgreen: wieder. Man höre und staune, auch in den Großstädten tun die Vögel zwitschern, Bäume und Flüsse rauschen. Frühere Klagen und Erkrankungen wegen Lärmbelastung ebben ab: der Infraschall der WKA’s zieht sich genauso zurück, wie der Schatten- oder Eiswurf derselben und die Elektroautos fahren ja ohnehin extrem geräuscharm. Mehr noch: wir gewinnen allmählich unseren „freien Blick“ zurück. Denn es werden nicht nur bockhässliche Windräder zurück gebaut, sondern auch die Hochspannungslinien oder sonstige „Stromtrassen“, da die relativ „kleinen“ DFR’s extrem dezentralisierend wirken!

Von Schadstoffen spricht indes kein Mensch mehr – jedenfalls nicht im Zusammenhang mit Stromproduktion. Erfreut stellen wir fest, dass das Fensterputzen viel seltener angesagt ist als früher und dass auch sonst alles sichtlich „sauberer“ ist. Manche staunen darüber, dass neben anderen Schadstoffen, wie NOx, SOx, Feinstaub, Schwermetallen bis hin zu Transactiniden 😳, eben auch und gerade die letzteren, also die radioaktiven unter ihnen, nahezu dramatisch zurückgegangen sind ➡. Doch das erfreulichste dabei: auch die Erkrankungen, mit allen, nicht selten gar tödlichen Konsequenzen gehen sowohl fühlbar als auch messbar zurück! «

Und so schloss ich meine Ausführungen mit einer an die Runde gerichteten Frage, die da sinngemäß lautete: » Ist Euch denn eine solche Welt nicht hier und da mal einen kleinen, idiotensicheren und den Müll-fressenden Kernreaktor wert? Intakte Landschaften, Flora und Fauna, kaum Schadstoffe, wenig Lärm etc. – das alles bei intakter Wirtschaft (dank „echtem“ Jobmotor Kerntechnik) und, nebenbei gesagt, keine Kriege mehr ums Öl, keine Erpressbarkeit mit Rohstoffen und/oder Energie durch irgendwelche Schurkenstaaten – wollt Ihr das wirklich opfern wegen Eurer bescheuerten Radiophobie? Ihr seid mir schöne Umweltschützer, Ihr Ökologisten! « 

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Tagebau_radioaktiv
„Durch die Tagebautätigkeiten wird das natürliche Gleichgewicht gestört. Tochternuklide der natürlich in der Kohle und dem Abraum vorkommenden radioaktiven Stoffe werden über den Feinstaub und das Sümpfungswasser in die Umwelt freigesetzt.“
Grafik: BG Niederzier. Quelle © BUND.
https://www.bund-nrw.de/themen/braunkohle/hintergruende-und-publikationen/braunkohle-und-gesundheit/radioaktivitaet-aus-tagebauen

➡ Zu den wohl bekanntesten Ammenmärchen des internationalen Ökologismus zählt wohl dasjenige über die angebliche Reduktion der radioaktiven Exposition (im Zuge der Ökologisierung, der „Energiewende“ oder was auch immer) – frei nach dem Motto „… auch wenn wir schon in Sachen CO2, etc. eher überschaubare Erfolge erzielt haben, so ist doch die Umwelt wenigstens nicht mehr so „verstrahlt“ wie früher.

Ich persönlich zähle es gar zu den wichtigsten Lebenslügen der internationalen „Anti-Atomkraft-Bewegung“ – neben den „unbewohnbar verstrahlten Landschaften nach einem GAU“, dem „ewig strahlenden Müll“ o.ä. Und wie es häufig mit Lebenslügen so ist, trifft auch hier das genaue Gegenteil zu: Die deutsche „Energiewende“ hat nämlich die Verstromung von fossilen Brennstoffen nicht nur nicht reduziert, sondern – wen überrascht es – deutlich erhöht, mit der Folge, dass die damit einhergehende radioaktive Exposition gleichermaßen angestiegen ist. Diesem Umstand war es übrigens seinerzeit geschuldet, dass eine Greenpeace-Studie sage und schreibe 3000 Tote jährlich in Deutschland aufgrund des radioaktiven Feinstaubs errechnet hatte – eine Studie, die mittlerweile nur noch schwer im Netz zu finden ist… 😉

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https://www.facebook.com/rainer.stawarz/posts/2787877688094768